Dienstag 30.06.2015Mit der Diskussion um die Folgen des Klimawandels hat sich die Welt der Energieversorgung grundlegend gewandelt.
Mit der Diskussion um die Folgen des Klimawandels und besonders nach der Verkündung des Atomausstiegs infolge der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima im Jahr 2011 hat sich die Welt der Energieversorgung grundlegend gewandelt. Besondere Anstrengungen erfordert der Umbau von konventionellen hin zu erneuerbarer Energieformen und der Trend von zentralen hin zu dezentralen Erzeugungsanlagen.
Obwohl in der Presse und in den Medien immer nur die großen Projekte im Hochspannungsbereich, wie beispielsweise die Errichtung von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee oder der Bau von Gleichstromtrassen von Nord- nach Süddeutschland präsent sind, beeinflusst die neue Energiepolitik auch massiv kleine Verteilernetze und die daran angeschlossenen Endverbraucher.
Der nachfolgende Artikel beschreibt die Auswirkungen der Energiewende auf das durch uns betriebene Strom- und Gasnetz und nennt geplante Maßnahmen, um auch in Zukunft eine sichere und stabile Versorgung der Bevölkerung mit Strom und Erdgas zu gewährleisten.
Ausgangslage
Unser Versorgungsgebiet umfasst eine Fläche von 52 km² mit etwa 28.000 Einwohnern in der Stadt Saalfeld und in Teilen der Gemeinde Unterwellenborn.
Innerhalb dieses Gebietes gewährleisten wir den Betrieb, die Instandhaltung sowie die Erweiterung und Modernisierung des Strom- und Gasversorgungsnetzes. Während zur Stromversorgung etwa 470 km Leitungsnetz und 139 Transformatorenstationen dienen, erfolgt die Gasversorgung über ein Leitungsnetz mit einer Gesamtlänge von etwa 190 km und über 43 Gasdruckregelanlagen.
Seit der Wiedervereinigung wurden wesentliche Teile der Versorgungsanlagen erneuert und auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Die Netze befinden sich dank kontinuierlicher Investitionen und ständiger Wartung durch eigenes Personal in einem guten Zustand. Diese Pflege und die günstige geografische Lage von Saalfeld und Unterwellenborn in einem Talkessel sind der Grund, dass bisher keine gravierenden Schäden bei starkem Wind auftraten. Auch mit Hochwasserschäden in größerem Umfang ist wegen des Schutzes durch die Saale-Talsperren nicht zu rechnen.
Das örtliche Stromnetz nimmt die elektrische Energie aus mehreren Blockheizkraftwerken (BHKW), etlichen Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) und einer Biogasanlage auf. Mit der Abwärme aus den BHKWs werden die Wohngebiete im Ortsteil Gorndorf und am Rainweg sowie die Schwimmhalle in der Kelzstraße beheizt. In den letzten Jahren errichteten private Hauseigentümer, Gewerbebetriebe und soziale Einrichtungen viele Stromerzeugungsanlagen, deren Gesamtmenge an erzeugter Leistung bereits massiven Einfluss auf den Betrieb des örtlichen Elektrizitätsnetzes nimmt. Die größte PV-Anlage befindet sich am Taubenhügel neben dem Umspannwerk Saalfeld.
Herausforderungen
Bis vor wenigen Jahren war es üblich, den Strom in großen zentralen Kraftwerken zu produzieren. Diese konventionellen Atom- und Wärmekraftwerke passten die erzeugte Energiemenge auf den benötigten Stromverbrauch an und gewährleisteten in Zusammenarbeit mit dem Übertragungsnetzbetreiber die notwendige Systemstabilität.
Die Zukunft der Energieversorgung ist jedoch dezentral.
Viele kleine und mittlere erneuerbare Energieerzeuger speisen auf allen Spannungsebenen in das Stromnetz ein. Neben dem umweltfreundlichen Nutzen dieser Entwicklung wird es für den örtlichen Netzbetreiber dadurch immer schwieriger, alle am Stromnetz angeschlossenen Erzeugungsanlagen und Verbraucher so zu koordinieren, dass die Systemstabilität und Versorgungssicherheit weiterhin auf hohem Niveau erhalten bleibt. Bereits jetzt verschlechterte sich die Spannungsqualität wegen der wetterabhängigen und damit kaum beeinflussbaren Energieerzeugung aus Windkraft- und PV-Anlagen, die auch von schnellen und großen Schwankungen gekennzeichnet ist.
Sollte zudem, wie von der Bundesregierung gewollt, die Elektromobilität in den nächsten Jahren eine größere Rolle im Alltag der Menschen einnehmen, wird das ebenfalls wesentlichen Einfluss auf die Stromversorgung haben. In einigen Gebieten wäre das Stromnetz im jetzigen Ausbauzustand dann nicht mehr in der Lage die gleichzeitig benötigte elektrische Leistung zu übertragen und zu verteilen, ohne das es zu einer Überlastung der Kabel oder Freileitungen käme.
Wir stehen vor der großen Herausforderung, durch einen intelligenten Netzbetrieb die Spannung und die Netzfrequenz entsprechend den Normen an jedem Punkt im Stromversorgungsnetz weiterhin zu gewährleisten und durch Bereitstellung von Systemdienstleistungen zur Netzstabilisierung beizutragen.
Dieser Herausforderung stellen wir uns engagiert.
Maßnahmen
Gegenwärtig werden bereits an ausgewählten Trafostationen und Gasdruckregelanlagen wichtige Netzparameter wie Spannung, Strom oder Gasdruck gemessen.
Jedoch genügen die momentan erhobenen Netzdaten den künftigen Anforderungen nicht. Mit fortschreitender Kleingliedrigkeit durch neue dezentrale Erzeugungsanlagen kann sich die Fließrichtung des Stromes im Elektrizitätsnetz umkehren, sodass Spannungserhöhungen auftreten, die dann zur kurzzeitigen Überschreitung der genormten maximalen Grenzspannung führen. Es gilt deshalb solche kritischen Zustände zu erkennen und zielgerichtet gegenzusteuern. Nur so lässt sich weiterhin eine stabile Energieversorgung mit hoher Qualität sicherstellen.
In einem ersten Schritt ist folglich ein dauerhaftes Messen an vielen Stellen im Stromnetz als Grundlage einer weiteren Automatisierung erforderlich.
Im zweiten Schritt werden an ausgewählten Stellen im Netz intelligente, eigenständig arbeitende Regelungen und Steuerungen eingebaut. Bei stabilitätsgefährdenden Situationen ergreifen diese autonomen Regelungen und Steuerungen mit Hilfe der gemessenen Werte geeignete Gegenmaßnahmen und benachrichtigen den Bereitschaftsdienst.
Die Saalfelder Energienetze GmbH erkannte die Notwendigkeit zur Netzautomatisierung in Verbindung mit Kommunikationstechnologien. Bedeutsame Mittelspannungsschaltanlagen sind bereits fernsteuerbar, alle größeren dezentralen Energieerzeugungsanlagen im Versorgungsgebiet sind fernüberwacht, und es wurde begonnen, weitere Ortsnetzstationen mit Messtechnik auszurüsten.
Weil die Stromerzeugung aus Sonne und Wind nicht beeinflussbar ist und naturgemäß großen Schwankungen unterliegt, müssen wetterunabhängige Erzeugungsanlagen die entstehenden Versorgungslücken ausgleichen. Eine wirtschaftliche und umweltfreundliche Methode ist der Einsatz von Blockheizkraftwerken (BHKW). Darin wird nicht nur Wärme zur Heizung und Warmwasserbereitung hergestellt, sondern auch noch ganzjährig und kontinuierlich Strom produziert. Ein weiterer Zubau von Blockheizkraftwerken ist deshalb sinnvoll und wird in der Praxis bereits umgesetzt.
Schließlich ist die Errichtung grundlastfähiger Erzeugungsanlagen, wie beispielsweise eines Wasserkraftwerkes an der Saale, wichtig für die zukünftige örtliche Energieversorgung. Solchen Erzeugungsanlagen ist ein sogenannter „Schwarzstart“ möglich. Sie können damit auch dann angefahren und betrieben werden, wenn noch keine Netzfrequenz im Leitungsnetz existiert. Dies ist insbesondere wichtig, um nach einem totalen Blackout ein komplett herunter geregeltes Stromnetz wieder in den Normalzustand überführen zu können. Obendrein ermöglichen solche Laufwasserkraftwerke eine autarke abschnittsweise Energieversorgung unabhängig vom Regional- und Verbundstromnetz. Die entsprechenden Pläne sind bereits vorhanden. Leider mangelt es bei Behörden und Politik am entsprechenden Verständnis für die aktuelle Situation in der Energieversorgung, so dass mit der Genehmigung für eine Wasserkraftanlage in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
Auch mit der Anwendung von Batterieanlagen als Kurzzeitspeicher zur Bereitstellung von Regelenergie und für die Gewährleistung der Spannungsqualität werden wir uns mittelfristig beschäftigen. Die Einbeziehung von Elektroautos in die Netzsteuerung durch ein zeitgesteuertes, lastabhängiges Laden der Autobatterie könnte dabei eine Rolle spielen.
Mit dem zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien wird immer öfters der Punkt erreicht, wo mehr Strom erzeugt wird, als man gerade aktuell benötigt. Eine gute Möglichkeit diesen überschüssigen Strom langfristig zu speichern, bietet die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas. Diese Systemlösung nennt man „Power-to-Gas“.
Die Umwandlung von Strom in synthetisches Erdgas erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird Wasserstoff mittels Elektrolyse erzeugt. Anschließend folgt die Methanisierung durch eine chemische Reaktion des Wasserstoffs mit Kohlenstoffmonoxid oder Kohlenstoffdioxid. Das erzeugte Methan kann man in das Erdgasnetz einspeisen. Zwar weisen aktuelle Pilotprojekte in Deutschland nur einen geringen Wirkungsgrad auf, so dass ein wirtschaftlicher Betrieb im Moment nicht möglich erscheint. Die weitere Entwicklung wird jedoch genau beobachtet.
Zusammenfassung
Aufgrund der genannten aktuellen Herausforderungen müssen wir den bereits begonnen Netzumbau weiter vorantreiben. Die vor Ort erzeugte Energie soll hauptsächlich im eigenen Verteilnetz verbraucht beziehungsweise gespeichert werden, um jederzeit unabhängig von äußeren Einflüssen die Strom- und Gaslieferung im Versorgungsgebiet zu garantieren. Das Ziel ist ein intelligentes Netz (Smart Grid), welches sich flexibel den geänderten Anforderungen der Energieversorgung anpasst und die Einhaltung des Gleichgewichts bei Erzeugung und Verbrauch bei einer hohen Spannungsqualität gewährleistet.